Renten- oder Lebensversicherung?

Wenn Experten Rentenpolicen der Lebensversicherung vergleichen und dabei doch nur die besten faulen Eier untereinander bewerten. „Rentenpolicen sind Geldverschwendung“, sagt Deutschlands bekanntester Finanzanalytiker Volker Looman, der die Kosten der Produkte nachgerechnet hat. Der Welt fehlt eine Finanznorm, nach der Sparer und Finanzberater sich richten könnten.

Kürzlich hat ein Analysehaus, das von Aufträgen der Versicherungen lebt, deren Angebot an privaten Rentenversicherungen verglichen. And the Oscar goes to…? Nö, das sagen wir hier nicht. Weil das „Ranking“ (hier beim „Handelsblatt“ abrufbar) von teuren Rentenpolicen für Sparer zu keinem brauchbaren Ergebnis, genauer zu schlechter Rendite führt. Dies hat der Finanzanalytiker Volker Looman für die „Handelsblatt“-Konkurrenz „F.A.Z.“ (kostenpflichtiger Link) berechnet. Stattdessen empfiehlt er kostengünstige Indexfonds (ETF).

Rente, Krankenkasse und Steuern

Loomans Musterkunde ist 40 Jahre jung. Er verdient als leitender Angestellter jeden Monat 10.000 Euro. Daraus werden nach Steuern und Sozialabgaben rund 5.300 Euro netto. Nehmen wir an, der Mann war schon immer Topverdiener, weil er nach der Uni als begehrter und gut bezahlter Akademiker in den Job eingestiegen ist, also immer den Höchstsatz in die staatliche Rentenkasse eingezahlt hat.

Dann kann er mit 67 rund 2.500 Euro gesetzliche Rente erwarten. Daraus werden später netto rund 1.800 Euro, weil Steuern und Krankenkasse abzuziehen sind. Heute hat der Mustermann 5.300 Euro netto zum Ausgeben. Davon sind ihm später mal 1.800 Euro staatliche Rente sicher, wenn er als heute Vierzigjähriger noch 27 weitere Jahre bis zum Alter 67 Höchstbeiträge an die Rentenkasse leistet.

Nun fehlen ihm noch rund 2.800 Euro Rente, die er privat ansparen will. Er käme dann in Summe auf 4.600 Euro. Exakt und nach allen Steuern und Krankenkasse sind es 4.450 Euro, falls jemand mit spitzem Bleistift nachrechnet. Dieser Betrag entspricht rund 85 Prozent seines heutigen Nettoeinkommens, eine gute Rentenquote.

Übersicht:

  • Gesetzliche Rente 2.500 Euro brutto entspricht 1.800 Euro netto
  • Gesetzliche Rente 2.500 Euro + 2.800 private „Leibrente“ entspricht netto 4.450 Euro

(gerundete Zahlen; Rentner, Alter 67, Krankenkasse/Steuertabellen 2017, Rentenbeginn nach 2040 angenommen, Leibrentenbesteuerung 67 = 16% der Zahlrente steuerpflichtig; Angaben ohne Gewähr):

Moderne Altersvorsorge geht so: Vergleich myPension

Eine Million ist nicht genug

Also ran an die Privatrente. Das Ziel sind 2.800 Euro. Lebensversicherer bieten ihren Kunden zurzeit branchentypisch 28 Euro (+/-) lebenslange Rente je 10.000 Euro Kapital. Also entsprechen im Dreisatz gerechnet 2.800 Euro Rente einem Kapital von 1.000.000 Euro. Klar soweit?

Um in 27 Jahren, unser Mustermann ist 40, mit 67 Jahren auf eine glatte Million zu kommen, sind bei 5 Prozent Zinsannahme monatlich 1.500 Euro Sparrate nötig. Das sagt die Finanzmathematik. Der Finanzanalytiker Looman rechnet in der „F.A.Z.“ aber die Kosten der Versicherer ein, die in den Rentenpolicen stecken. 5 Prozent Provision für den Verkäufer plus „weitere 5 Prozent Kosten“, schreibt Looman. Wer diesen Kostenansätzen nicht glaubt: Allein für den Ratenzuschlag in Höhe von 5 Prozent (Lebensversicherungsbeiträge sind Jahresbeiträge) zieht der Versicherer dem Sparer von seiner (hier) 1.500-Euro-Rate 75 Euro Ratenzuschlag ab.

Bis hierher ist die Rendite des Kunden nach Kosten auf 4,3 Prozent oder gut 900.000 Euro Endkapital geschrumpft, das ist reine Mathematik. Looman rechnet weitere laufende 1,5 Prozent Kosten ein und kommt auf einen Endwert von 720.000 Euro. Eingezahlt hat der Sparer 1.500 Euro mal 12 Monate mal 27 Jahre = 486.000 Euro. Erwartet hat er 1.000.000 Million. Vor Steuer stehen 720.000 auf dem Papier. Vor Steuern!

NACH Steuern kommen bei 50 Prozent Steuersatz, und wenn der Kunde das gesamte Kapital nimmt, effektiv 662.000 Euro für den Kunden heraus, rechnet Looman und schreibt in der „F.A.Z.“: „Sie zahlen 468 000 Euro ein, erwarten 1.000.000 Euro und ,versenken’ 338 000 Euro.“ Wir rechnen aber keine Kapitalauszahlung, sondern die Steuern, wenn der Kunde die monatliche Rente des Versicherers wählt.

Zu diesem Zweck müssen wir die oben dargelegte Ablaufleistung der Rentenpolice heranziehen: 720.000 Euro. Nachrichtlich: Im Vergleich zu der erwarteten Million vor Kosten hat der Sparer nach Kosten in der Rentenvariante „nur“ 280.000 Euro „versenkt“, um im Duktus Loomans zu bleiben. Wir rechnen also mit 720.000 Euro, technisch als Rentenbarwert bezeichnet. Je 10.000 Euro Kapital zahlt der Versicherer 28 Euro lebenslange Rente. Also rechnen wir 72 (mal 10.000) x 28 = gerundet 2.000 Euro. Vor Steuern.

Eine Finanznorm für Berater ist nötig

Zusammen mit seiner gesetzlichen Rente von 2.500 Euro kann unser/Lomanns Mustermann eine Nettorente von immerhin noch 3.700 Euro einstreichen; das sind 70 Prozent seines heutigen Nettos von 5.300 Euro. Dennoch bleibt es dabei. 280.000 Euro hat er an Kosten bei seinem Lebensversicherer „versenkt“.

Looman rechnet zum Vergleich ETF-Fonds, die im Beispiel „nur“ 200.000 Kosten und Steuern verlangen. Wichtig für den gerechneten und von teuren Kosten gezeichneten Musterkunden und alle anderen real existierenden Menschen wäre eine Finanznorm. Also (so die Definition von „Norm“) ein von der Finanzindustrie „generell akzeptiertes“ Regelwerk, das sagt, wie Sparkunden zu beraten und was ihnen an Produkten und mit Rücksicht auf deren Rentenziel samt Kosten zu empfehlen ist. Die Lebensversicherung ist es nicht. Was zu beweisen war.

Ab dem kommenden Jahr soll die Finanznorm DIN 77230 veröffentlicht werden, die regelt, wie Privathaushalte zu ihren Finanzen beraten werden sollten. Anschließend wird es für die Finanzindustrie hochhöchste Zeit, diese Norm auch wie definiert „generell zu akzeptieren“. Warten wir das ab.

Dokumentation (gerundete Zahlen):

  1. Netto-Rechnung Gesetzliche Rentenversicherung
    2.500 Euro Rente brutto. Wir rechnen einen Rentner des Jahres 2040. Diesem werden (Stand 2017) knapp 350 Euro an Steuern abgezogen, außerdem rund 350 Euro Krankenkasse (KVdR angenommen), so dass aus 2.500 Bruttorente noch 1.800 Euro netto werden.
  2. Wie oben, aber ges. Rente 2.500 plus 2.800 Euro Leibrente mit 67
    (16% der Rente gelten als steuerlicher Zufluss)
    2.500 ges. Rente + 2.800 private Rente = 5.300 € brutto – Steuer: 2.500 + (2.800 x 16% =) 448 = 2.948 x 12 = 35.400 = Steuer p.a. 5.847 / 12 = 487 => gerundet 500 Euro Steuer – 350 Euro Krankenkasse (unverändert zu (1)) = 4.450 (Zahlbetrag brutto 5.300 – (500 Steuer + 350 Kkasse =) 850 Abzug = 4.450 = 84% Rentenquote zu 5.300 Euro netto heute
  3. Wie zu (2), aber 2.500 ges. Rente + lediglich 2.000 Euro private Rente = 4.500 € brutto – Steuer 2.500 + (2.000 x 16% =) 320 = 2.820 x 12 = 33.840 => 34.000 = 5.336 /12 = 444,67 => gerundet 450 Steuer – 350 Euro Krankenkasse (unverändert zu (1) und (2))= 4.500 (Zahlbeitrag  brutto 4.500 – (450 Steuer +350 Kkasse =) 800 Abzug = 3.700 = 70% Rentenquote zu 5.300 Euro netto heute

(gerundete Zahlen; Rentner, Alter 67, Krankenkasse/Steuertabellen 2017, Rentenbeginn nach 2040 angenommen, Leibrentenbesteuerung 67 = 16% der Zahlrente steuerpflichtig; Angaben ohne Gewähr)

Ermitteln Sie jetzt, wie hoch Ihre Rente später sein könnte

Wollen Sie wissen, wie hoch Ihre Rente später sein könnte? Dann nutzen Sie den kostenlosen Rentenrecher, den wir Ihnen nachfolgend in Zusammenarbeit mit der Finanzen.de AG zur Verfügung stellen:

Banner - ESG